hör:werk

Hörend sehen

Die Audiodeskription ist für blinde oder sehbehinderte Menschen eine wichtige Methode um das Geschehen auf der Bühne, auf dem Bildschirm, auf der Leinwand oder auf dem Fußballfeld hörend sehbar zu machen. Eine Stimme beschreibt die wichtigen Situationen im Film, im Fernsehen oder im Theater. Sie ertönt, wenn im Film, im Fernsehen oder beim Theaterstück nicht gesprochen wird. Genau gesagt werden in die Sprechpausen hörbare Kommentare eingefügt. Mit möglichst wenig Worten, wird das Geschehene beschreiben. Sitzen diese Menschen im Publikum, kann die Audiodeskription per Funk nur von ihnen live über Kopfhörer erfolgen. Zu Hause natürlich über die Lautsprecher des Fernsehers oder des Computers.

Eine Spezialistin für Audiodeskription ist die vielseitige Claudia Böhme. Zusammen mit einem sehenden Menschen schreibt sie als blinde Autorin die Texte für Museen, Ausstellungen, Filme oder bereitet sich mit ihm auf eine Live-Übertragung bei Sport oder Theater vor. Sie wurde zu einer Sendung von Radio hör:werk eingeladen, um ihre Arbeit mit Audiodeskription zu erklären. Mit dem Staatstheater Augsburg erstellte sie eine viel gelobte Audiodeskription für die Rockoper „Jesus Christ Superstar“ auf der Freilichtbühne. Blinden und sehbehinderten Menschen wurde so ermöglicht dieses Musical nicht nur als Hörspiel zu erleben. Sie erhielten außerdem im Kopf eine Vorstellung vom Gesamteindruck der Aufführung.

Zu diesem Musical wurde als gelebte Inklusion für die blinden und sehbehinderten Menschen vom Staatstheater Augsburg mit dem Regisseur David Ortmann in Zusammenarbeit mit Claudia Böhme ein besonderes Rahmenprogramm angeboten: Bei einer exklusiven Einführung konnten vorab Kostüme, Requisiten und Teile des Bühnenbilds ertastet und kennengelernt werden. Ortmann war von dieser Aktion begeistert und hat weitere Audiodeskriptionen beim Staatstheater Augsburg versprochen.

Claudia Böhme erhielt für ihre hervorragende Arbeit 2016 bei dem Film „45 Years“ den Deutschen Hörfilmpreis. Bekannt ist sie auch durch ihre Audiodeskription für den „Tatort“ im Fernsehen. Sie empfiehlt den Film „Tanze Tango mit mir“ als gutes Beispiel für einen gelungenen Deskription.

Claudia Roth, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, hat schon als Theater-Dramaturgin gearbeitet. Sie meint als Jury-Mitglied zum Preis für die beste Audiodeskription des Jahres: „Dieser Preis gehört auf die Tagesordnung in jedem Jahr. Die Audiodeskription gehört in die Welt des Films, genau wie die Berlinale,
genau wie der Oskar, genau wie die Lola. Und ich freue mich, dass immer mehr Menschen begreifen, welche Bedeutung dieser Preis hat. Denn er ist einer der wichtigsten Menschenrechtspreise in unserem Land!“

Beitrag von Arno Loeb